Entwicklungszusammenarbeit wohin?

Die schweizerische EZA ist im Wandel, der hier analysiert und kommentiert werden soll .


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Wahlen in Myanmar und die Schweiz

Im ehemaligen Burma fanden Wahlen statt. Die Siegerin Aung San Suu Kyii stand schon vor dem Wahlausgang fest. Das Resultat war weniger brillant sein als vor vier Jahren. 

Wir erinnern uns 2016 stand Aung da als grosse Siegerin und als Symbol für den politischen und sozialen Wandel im Lande. Die politische Schweiz, vor allem das EDA war begeistert und wollte bei dieser Öffnung dabei sein und die Schweiz in der neuen Welt Myanmars optimal positionieren. Herr Rossier, Staatssekretär, versprach Myanmar jährlich 50 Millionen Schweizer Franken an Entwicklungshilfe und das EDA lud einige Minister zu einer Tagung an den Genfer See ein.

Nun, was ist geschehen mit dem Wandel?  Wir erlebten das Auftreten der radikal- nationalistischen Buddhisten, den Genozid an den Rohingya, und keinen Wandel! Die Freiheitsheldin Aung verlor ihren Glanz: sie hat das Vorgehen der Armee verteidigt und sich von den radikalen Buddhisten kaum distanziert. Wandel im Sinne einer Öffnung hat kaum stattgefunden.

In einem Blogg 2016 habe ich vor zu grossen Erwartungen gewarnt und grundlegende Zweifel am Vorgehen des EDA formuliert. Das Problem war, dass die schweizerische Haltung nicht auf Grund einer seriösen Analyse und von Lokalkenntnis formuliert wurde. Sie entsprach viel mehr einem Wunschdenken von Beamten. Man sah Myanmar vor einer neuen Zukunft, an der man mitwirken wollte. Dass Aung sich gegen die Armee nicht durchsetzen konnte, ja dass sie in zentralen Punkten, gerade was die Integration der Minderheiten betrifft die gleiche Haltung vertrat wie ihr Vater, der Nationalheld Burmas, und die Armee, war eigentlich bekannt.

Übrigens, die CHF 50 Millionen pro Jahr wurden nie ausgegeben. Die verantwortliche DEZA verfügte in ihrem Büro in Yangoon noch über genügend qualifizierte Kräfte, welche ein Auge   für das real Mögliche hatten. Ob dies heute noch möglich wäre, ist fraglich. Seit der Reorganisation 2008 haben sich die Rahmenbedingungen für die DEZA kontinuierlich verschlechtert. Entscheidend sind nicht mehr Lokalkenntnisse und Professionalität. Wir haben heute den dritten Aussenminister seit der REO. Jeder hat die Entscheidungskompetenzen näher an sich herangezogen. Die Ausrichtung der DEZA erfolgt nun auf Grund kurzfristigen Opportunitäten und der innenpolitischen Situation. Die Mitarbeiter der DEZA sind unter Burkhalter zu Entwicklungsdiplomaten mutiert und arbeiten unter Cassis an der Integration der wirtschaftlichen Interessen in die Internationale Zusammenarbeit. Das kritische Hinterfragen, die zuweilen kleinliche, aber notwendige Analyse hat dabei kaum mehr Platz. Stand heute, wäre die DEZA kaum mehr in der Lage Fehleinschätzungen des EDA zu korrigieren.


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Die Vision2028: Das fehlende Gleichgewicht zwischen Privatwirtschaft uns Zivilgesellschaft

Für die zukünftige Vision unserer Aussenpolitik ist sicher das Vermessen der internationalen Lage eine Notwendigkeit. In einer Referendumsdemokratie mit föderalistischen Strukturen und ausgeprägter Gemeindeautonomie gehört aber die Wechselwirkung zwischen Aussenpolitik und Innenpolitik ebenso sehr zu den wesentlichen Vermessungszonen, die aussenpolitisches Handeln beeinflussen. Die Vision 28 trägt diesem Umstand Rechnung, indem sie die Rolle des eidgenössischen Parlaments (für Soft laws) und der Kantone hervorhebt. Dies ist eine notwendige aber bei weitem nicht ausreichende Bedingung, um der Verschränkung zwischen Aussen- und Innenpolitik gerecht zu werden. Die Vision 2028 gibt der Partnerschaft mit der Privatwirtschaft ein grosses Gewicht. Die Zivilgesellschaft wird überhaupt nicht erwähnt, was den Erfordernissen unseres politischen Systems, unseren Grundwerten sowie den gesellschaftlichen Erwartungen nicht entspricht. Wir können die direkt demokratischen Mechanismen, Föderalismus und Gemeindeautonomie in einer globalisierten Welt nur weiterentwickeln, wenn Elemente des «Sonderfalles Schweiz», die wir in den 90-er Jahren beerdigt haben, neu überprüfen.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war die Schweiz international wirtschaftlich erfolgreich. Vorerst durch die international tätigen Handelsfirmen (Volkart Brothers, Burckhardt, Basler Mission, Andrey, DESCO usw.). Nach dem 1. Weltkrieg wurden schweizerische Firmen durch die Banken in ihrem Auslandgeschäft unterstützt. Mit dem enormen Wachstum seit dem zweiten Weltkrieg ist mehr und mehr ausländisches Kapital in die Schweiz geflossen. Heute weisen die grossen international tätigen Firmen einen substantiellen Anteil ausländischer Besitzer auf oder werden gar durch ausländisches Kapital beherrscht.

Der liberale Staat hat in diesen Entwicklungen eine äusserst diskrete Rolle gespielt und hat kaum je eingegriffen. Er war bestenfalls a «silent partner». Die Rolle der Welthandelsfirmen wurde vom Staat kaum wahrgenommen. Die Regierung hat nur ausnahmsweise, dank persönlichen Beziehungen für eine Firma (vgl. BALLY gegen BATA in den 30 er Jahren oder die Rettung der UBS in der Folge der Finanzkrise) eingegriffen.

Ausgangpunkt für Engagements in aussereuropäischen Gebieten waren immer interessierte, neugierige und risikofreudige Bürger. Wenn entwicklungswirksame Arbeit geleistet wurde, waren kompetente und engagierte Einzelpersonen involviert, welche in der schweizerischen Wirtschaft erfolgreich gearbeitet hatten und über einen soliden professionellen Rucksack verfügten. Der Nachteil solcher Pioniere war allerdings, dass ohne besondere Analyse der lokalen Situation und den Entwicklungsbedingungen zwar punktuelle Erfolg erzielt wurden, diese aber gesamtgesellschaftlich und wirtschaftlich nicht nachhaltig waren. Oft entstanden weisse Elefanten.

Die Avis 28 postuliert nun einseitig Marktzugang für schweizerische Unternehmungen und bezeichnet quasi exklusiv die Privatwirtschaft als Partner für Entwicklungszusammenarbeit. Die Autoren gehen davon aus, dass die Privatwirtschaft dank dem Staat als Steigbügelhalter erfolgreicher sein wird. Diese Vermischung von Aussenwirtschaftspolitik und Entwicklungspolitik widerspricht aber den Gepflogenheiten eines liberalen Staates und ist kaum zielführend. Die Neuorientierung, welche auch den Rahmenkredit für zukünftige internationale Zusammenarbeit prägt, bringt die Unternehmen ins gleiche Fahrwasser, wie die verpönten Entwicklungshelfer vor 50 Jahren.

Aussenwirtschaft braucht stabile politische Verhältnisse, Rechtstaatlichkeit und Investitionen. Entwicklungszusammenarbeit kann als Brückenbauer und Vermittler eine wichtige Rolle spielen. Operationell erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit benötigt auch heute eine Bündelung verschiedenster Akteure. Die Verbindungen Basisorganisation (Genossenschaft, Munizipalität) – ONG (Ausbildung)- Staat (Forschung und Rahmenbedingungen) – internationale Firma (Marketing, Standards, Zugang zu internationalem Markt) sind auch heute für Mehrwertschöpfung und Arbeitsbeschaffung Voraussetzungen zu Erfolg.

Solche Kombinationen sind auch innenpolitisch sinnvoll, weil sie erlauben internationale Zusammenarbeit nachvollziehbar zu machen und die politische Diskussion aus den traditionellen polarisierenden Debatten herauszunimmt. Die Zivilgesellschaft spielt nicht nur in der Durchführung von Unterstützungsprogrammen eine wichtige Rolle. Sie ist auch innenpolitisch ein wichtiger Animator und hilft internationale Zusammenarbeit innenpolitisch zu verankern. Schliesslich ist es die Zivilgesellschaft, welche traditionell schweizerische Besonderheiten wie Föderalismus, Gemeindeautonomie und Schutz der Minderheiten in den Aufbau von Gouvernanz und Stabilität in die praktische Entwicklungszusammenarbeit einbauen kann.

Die Ideen, Genf als Gouvernanzzentrum zu sehen und als Hub für künstliche Intelligenz aufzubauen und eine Technologie Aussenpolitik zu betreiben, tönen gut. Wir laufen aber damit auf der gleichen Schiene wie die Grossmächte und die likeminded. Wir müssen im Inland und im Ausland tatsächlich für gute Regierungsführung, Stabilität und Transparenz einsetzen. Damit schaffen wir die Offenheit für Kreativität, Flexibilität und Risikobereitschaft.

Wir brauchen aber mehr: unsere Neutralität und die guten Dienste, unsere potentielle Rolle als Mediatoren können wir nur spielen, wenn wir in unseren Beziehungen zu den ärmeren Ländern nicht nur als Vertreter von wirtschaftlichen Interessen auftreten sondern diesen legitimen Interessen einen minimalen ethischen Wertrahmen geben. Wir brauchen in unseren Partnerändern gute Verbindungen zur Zivilgesellschaft. Wir müssen über personelle Ressourcen verfügen, welche die lokale Situation in den Partnerländern verstehen, welche Beziehungen knüpfen können und dank ihrer Arbeit lokal ein gutes Ansehen geniessen. Es handelt sich dabei selten um Diplomaten, die alle vier Jahre in ein anderes Land versetzt werden, oder Vertreter der Privatindustrie, welche das Umfeld mit den Augen der Interessen des Mutterhauses in der Schweiz vermessen. Es sind sehr oft NGOs, aber auch ansässige Auslandschweizer. Es könnten aber auch junge Schweizer sein, die im Rahmen eines erweiterten Zivildienstes in die lokale gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Welt eintauchen.

Eine erfolgreiche Aussenpolitik wird in Zukunft nicht ausschliesslich am Erfolg schweizerischer Unternehmen gemessen werden. In einer globalisierten Welt braucht die Aussenpolitik des Kleinstaates Schweiz ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen. Sie benötigt ebenso sehr eine aufgeklärte Bürgerschaft und eine dynamische Zivilgesellschaft, die mithilft, die politische Bereitschaft für Veränderungen im Innern zu erhöhen. Diese Dimension der Aussenpolitik ist nicht im Fokus der Berater des EDA. Der vorgeschlagenen Vision 2028 fehlt die notwendige Ausgewogenheit.

 

 

 

 

 

 

 


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Hat das EDA die Mittel seiner Politik?

Die neue Botschaft für die Verlängerung der Entwicklungszusammenarbeit für die Periode 2017-20 beschreibt regionale, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Reduktion der Fragilität als Schwerpunkte. Geographischer Fokus ist Afrika. Diese Ausrichtung der Arbeit liegt bereits der laufenden Kreditphase zugrunde. Wie wird sie umgesetzt? Als konkretes Beispiel soll hier Die Gegend der Grossen Seen als Beispiel dienen. Es ist die Region mit der längsten und wohl umfassendsten Erfahrung der Schweiz.

Das Regionalprogramm für die Periode 2012-2016 nimmt die wichtigen Prioritäten auf:

  • Die Schweiz will die Kriterien der guten Regierungsführung, welche im Rahmen der OECD, als sogenannter „New Deal“ verabschiedet wurden, umsetzen und zur Reduktion der Fragilität beitragen,
  • Sie will die regionale Zusammenarbeit zwischen den Ländern der Grossen Seen fördern.
  • Und einen namhaften Beitrag zur Friedenförderung leisten

Zusätzlich werden die allgemein gültigen strategische Vorgaben wie Armutsreduktion und Förderung der Gendergleichberechtigung betont. Wichtig ist die Nutzung spezifisch schweizerischer Erfahrungen. Das Regionalprogramm führt aus, wie die konkrete Projekterfahrung und die Präsenz an der Basis erlaubt, sich an der Diskussion von Strategien und der Politik zu beteiligen.

Wie sieht dies in der Praxis aus? Drei Beispiele:

Die Friedensförderung: Für Angaben zur Arbeit, wird man vom Regionalbüro in Kigali an die Zentrale, von dort an die Botschaft in Kinshasa verwiesen. Betreffend Friedensförderung bestätigt die Verantwortliche, dass die Schweiz die entsprechende Gebergruppe präsidiere. Offenbar ist die Initiative eingeschlafen (Das entsprechende Programm I 4S hat eine Website. Allerdings wurde sie seit 2011 -Stand April 2015- nicht mehr verändert). Dafür erklärt die Expertin mit Enthusiasmus ihre Arbeit im Minensektor: Sie fördert ein Diskussionsforum als „dialogue multi-acteur“, das sich einer grossen Beliebtheit erfreue. Auf das erstaunte Fragen nach dem Grund für das schweizerische Engagement im Minensektor in dem die Schweiz keinerlei Erfahrung oder Expertise verfügt, wird ausgeführt, dass das EDA wünsche, dass parallel zur Förderung der freiwilligen Koordination auf internationaler Ebene auch etwas im Feld geschehe. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit finanziert seit Jahren ein Projekt der Zusammenarbeit zwischen Minen, Zivilgesellschaft und lokaler Bevölkerung. Allerdings wurde dieses Projekt von der Schweiz nie konsultiert und auch nie zur Gesprächsrunde eingeladen.

In Bukavu feiert GIZ-IS den Zuschlag für die Ausführung eines von der Schweiz finanziertes Gesundheitsprojektes. GIZ-IS funktioniert wie eine internationale NGO. Sie verfügt zwar nicht über besondere Kompetenzen oder Erfahrungen im Gesundheitsbereich, hat sich aber für das Vorhaben den Projektleiter eines Weltbankprojektes eingekauft.

 

Von Kigali aus wird regionales Projektes im Landwirtschaftsbereich (Catalist-2) finanziert. Die holländische Regierung das Vorhaben 2008 begonnen. Seit drei Jahren leistet die Schweiz einen Beitrag von rund 10 Millionen Franken. Das Ziel ist die Stärkung der Nahrungssicherheit dank der Förderung der Wertschöpfungskette mit Grundnahrungsmitteln.

Das Projekt wir von einer holländischen Organisation als internationale NGO durchgeführt. Der alleinige Verantwortliche ist der Projektleiter. Das Projekt kennt keine institutionelle Einbindung der Regierung und funktioniert weitgehend durch die zur Verfügung Stellung von Dünger und Saatgut. Schweizerische Anliegen wie Gender oder Armutsbezug wurden bisher lediglich marginal bearbeitet. Die regionalen Ansätze sind wegen der grossen Unterschiede unter den Ländern kaum relevant und die Friedensförderung ist nicht einsichtig.

Die Spezifität des schweizerischen Beitrages, Basispräsenz oder die Möglichkeit zur Politikförderung sind in den drei Beispielen kaum feststellbar. Die Verbesserung von Guvernanz und der „New Deal“, der von der Schweiz im Rahmen der OECD gefördert wurde, kommt kaum zum Tragen, ja die Praxis widerspricht diesen Grundsätzen

Sind dies die Antworten auf die Situation im heutigen Afrika? Wir sind heute unter dem Eindruck des Migrationsdruckes. Die Jungen sehen in ihrem Land keine Zukunft. Migration nach Europa oder -je nach Umfeld – islamistische, antiwestliche Radikalisierung sind die Antworten. Hier baut sich ein Potential auf, das uns in den kommenden Jahrzehnten beschäftigen wird. Die ärmsten bleiben auf dem Land zurück, wer kann zieht in die Städte, von wo sie ohne Zukunftsaussichten ins Ausland ziehen. Besonders problematisch sind die rohstoffreichen Länder wie der Kongo oder Nigeria. Hier liefern sich China und westliche Rohstoffhändler einen harten Konkurrenzkampf. Gemeinsam ist beiden, dass die Rohstoffe ohne lokale Mehrwertschöpfung exportiert werden. In der minenreichen Provinz Katanga des Kongo allein gibt es 50 chinesischen Minen. Die Arbeiter, Chauffeure und die Wächter kommen aus China. China baut schlüsselfertig Infrastrukturprojekte mit chinesischem Personal und sichert so langfristig den Zugang zu Rohstoffen.

Was ist die Relevanz für die Effizienz der Entwicklungszusammenarbeit? China wird kaum in die Diskussionen eingebunden und die Frage der Nutzung und des Zugangs zu den Rohstoffen wird kaum thematisiert. Die Botschaft klammert wirtschaftspolitische Fragen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit aus. Damit fehlen wichtige Elemente, die zur Stabilität Afrikas beitragen könnten. Sie würden eine klare Prioritätensetzung bedingen und verlangen, dass die Ursachen bekämpft respektive korrigiert werden: Schaffung von Arbeitsplätzen, Förderung der lokalen Potentiale und Aufbau von sozialem und wirtschaftlichem Mehrwert. Da ist die Schweiz nicht einfach ein kleiner Player: Je nach Berechnung werden weltweit 40 bis 60% der Rohstoffe über Firmen mit Sitz in der Schweiz abgewickelt. Die neue Botschaft zur Fortführung der Entwicklungszusammenarbeit klammert diese Probleme weitgehend aus, in dem sie sich auf die klassische Süd-Sicht zurückzieht. Wirtschaftliche Grundprobleme und damit auch wichtige Entwicklungsansätze werden damit elegant umfahren.

 

Fragilität kann nur reduziert werden durch die Stärkung politischer und   wirtschaftlicher Gleichgewichte, durch Bekämpfung der sozialen Diskriminierung und Partizipation. Da liegen die Prinzipien von Busan nicht falsch. Aber gerade in fragilen Ländern Afrikas braucht dies vertiefte Kenntnisse, Vertrautheit mit der Situation, harte Arbeit und die Stärkung der Basis. Es ist wenig zielführend, gute Regierungsführung zu ordern. Die Regierungsführung muss aber so gut sein, wie es im konkreten Kontext eben möglich ist.


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Will das EDA sich auf Kosten der Armen globalisieren?

Am 15 Januar ist der Aussenpolitische Bericht 2013 vom EDA veröffentlicht worden. Wer nun etwas über die Reorganisation resp. die Integration der DEZA lesen möchte, wird enttäuscht. Diese findet lediglich eine rückblickende Erwähnung. Dafür sind so wichtige Neuigkeiten, wie die Möglichkeit des Weinkaufs durch Botschaftsangehörige in extenso beschrieben.(Seite 99).

Trotzdem interessiert, was mit der Entwicklungszusammenarbeit geschehen soll. Das massgebende Papier sollte doch der Bericht über die Aussenpolitischen Schwerpunkte der Legislatur (Aussenpolitische Strategie 2012–2015), vom Februar 2012 sein. Von der Reorganisation der DEZA ist aber nichts zu lesen und von Integrierten Botschaften ist nirgends die Rede. Man stellt jedoch Ersparnisse in Aussicht, die im konsularischen Bereich erzielt werden sollen. Neue Botschaften in Katar und Oman werden erwähnt. In Ho Chi Minh City soll ein Generalkonsulat eröffnet werden. Offenbar waren die „integrierten Botschaften“ vor zwei Jahren noch kein Thema.

Da möchte man nun wissen, was der Aussenpolitische Bericht 2013 berichtet. Hier wird tatsächlich die Botschaft in Oman wieder erwähnt. Sonst ist von keinem Ausbau die Rede. Man will sich an die von Bundesrat und Parlament beschlossenen Vorgaben und Sparziele halten. Allerdings wird die Botschaft von Myanmar erwähnt als Beispiel eines neuen Modells von „integrierten Botschaften“. Offenbar hat sich dieses Modell in Myanmar bewährt. Die Botschaft wurde allerdings erst 2013 eröffnet und verfügt vermutlich noch über keine repräsentative Erfahrung.

Dabei pfeifen es die Spatzen von den Dächern. Die Schweiz hat eine ganze Reihe von „integrierten Botschaften“ eröffnet. Heute gibt es bereits deren 10! Man spricht von bis zu 50 diplomatischen Vertretungen, die „integriert“ werden sollten. Da entpuppt sich Herr Burkhalter nicht nur als Swiss Turbo sondern als Globo Turbo! In Bishkek beispielsweise oder in Sarajewo und Haiti. Ja, wir haben neuerdings eine Botschaft in Haiti. Es ist das Land der NGOs, weil praktisch keine Regierung besteht, die diesen Namen verdient. Die Rahmenbedingungen sind so miserabel, dass sogar die Hilfswerke sich überlegen, ob sie das Programm nicht schliessen sollten. Noch vor 10 Jahren hat das EDA sich geweigert in diesem Land überhaupt ein Programm aufzubauen. Im Hinterhof der USA waren die sogenannten Externalities so gross, dass man keinen Mehrwert von und für die Schweiz sah. Jetzt haben wir da sogar eine Botschaft und da ein Programm kaum realistisch ist, hat die schweizerische Botschafterin kürzlich den Einsatz der Schweizer Armee angeregt.

Weshalb dieser Unterschied zwischen Realität und Bericht? Der Aussenstehende kann nur spekulieren: Vielleicht hat die Spitze des Departementes mit den neu zugezogenen Kadern keine Kenntnis von der Strategie 2012-2015. Werden die Daten verglichen drängt sich allerdings eine andere Vermutung auf: Die Strategie wurde am 12 Februar 2012 veröffentlicht, die Botschaft für den der Rahmenkredit, kam am 15 Februar 2012 zur Verteilung. Die Strategie durfte den Rahmenkredit nicht gefährden. Eine geschwächte oder weiter zu schwächende DEZA wäre mit einem grossen Rahmenkredit nicht kompatibel gewesen. Jetzt drängt sich auch eine neue Interpretation des Slogans des EDA auf: Es sollte ja nicht heissen: „Mehr Geld den Armen und weniger für die Administration“. Es heisst ausdrücklich: „Mehr Geld in die Einsatzländer, weniger für die Administration“. Die Vermutung liegt nahe, dass die Verwendung des Rahmenkredites für Infrastukturaufgaben des EDA weitergeht. Neu will man damit offenbar die neuen Botschaften und nicht mehr die Zentrale finanzieren. Die zusätzlichen Kosten für den Ausbau des Botschaftsnetzes sollen dem Rahmenkredit für Internationale Zusammenarbeit überwälzt werden. Damit wird das ordentliche Budget nicht erhöht, und die Zustimmung des Parlamentes ist nicht notwendig. Damit gehört das Thema auch nicht in einen Aussenpolitischen Bericht an das Parlament.

Der oben erwähnte rückblickende Kommentar zur Reorganisation lautet übrigens auf Seite 37 wie folgt:

„Die Reorganisationsmassnahmen (2008-2012) haben die Wirksamkeit des schweizerischen Beitrages zur Armutsbekämpfung und Bewältigung globaler Risiken gesteigert wie auch die aktive Einflussnahme in internationalen Organisationen und Aushandlungen gestärkt.“

Dieser Feststellung steht die Tatsache gegenüber, dass sich die globalen Programme noch nicht richtig etablieren konnten. Der Konflikt entstand um die Definition und Bedeutung der globalen Programme, die Budgetmittel, die zur Verfügung gestellt werden sollten und das Personal das benötigt wurde. Die globalen Programme sind bis heute teilweise in kleinen Pilotprojekten stecken geblieben, die weder global noch strategisch sind.

Die übrigen Neuerungen betrafen lediglich administrative Schritte. Die Konsequenzen für Personal und den Informationsdienst sind durch eine externe Evaluation weitgehend belegt. Der scheidende Direktor stellte persönlich fest: Die drei Dienste, die durch die Reorganisation ins Departement integriert wurden, nämlich Personal, Information und Rechtwesen seien ineffizient und funktionierten nicht optimal. Wenn dazu noch die Unzufriedenheit, Unsicherheit und Frustration der Mitarbeiter berücksichtigt wird, erstaunt die an Tag gelegte Zuversicht.